Tourberichte

Tinas Tourbericht vom GB600 2024

Um 6:17 starte ich am Campingplatz und mein Wahoo zeigt mir über 3000HM und 200km an. Es ist soweit! Es ist der zweite Tag von GB600 und es geht zur Schneekoppe.

Ich bin innerlich sehr angespannt. Seit gestern bin ich bei meinem ersten langen Bikepacking Event dabei, worauf ich monatelang trainiert und mich mental darauf vorbereitet habe. Am ersten Tag standen 245km auf dem Tacho und 1000 HM. Es war ein wunderschöner Track und ich lernte meine Begleiterin Ragna kennen, mit der ich das Wochenende verbringen durfte.

Pünktlich um 11:30 habe ich nach einem ewig steilen Anstieg mit Schieberei,Trinkpausen und Tränen den Spindlerpass erreicht. Mein erstes Ziel für diesen Tag hatte ich erreicht. Ich wollte mittags oben sein, jedoch war das erst ein Drittel der Etappe.Es folgten wunderbare Wege durch das Riesengebirge,welche mich an den Schwarzwald erinnerten und ich hatte mehrmals das Gefühl: Nice, es fühlt sich wie Urlaub an.

Es gab Cola und Pommes zum Mittag im Schatten, weil es in der Sonne unfassbar heiß war und bis zum VP kam nochmal ein 7km langer Anstieg mit viel fluchen. An diesem VP wäre ich gerne länger geblieben. Es gab kaltes Quellwasser und die Menschen dort waren so herzlich. „Ich würde gerne bleiben, aber ich muss weiter!“ sagte ich nach einer kurzen Pause und wir rollten weiter.

Gegen 19:30 sind wir in Liberec gewesen, wo sich beim Supermarkt nochmal mit Trashfood vollgestopft wurde.

Es folgten weitere Höhenmeter, Regen, Dunkelheit und das gegenseitige Achten aufeinander.

Gegen Mitternacht erreichten wir den CP. Nun waren wir da! Der zweite Tag-für mich das Highlight dieser Tour-war nun vorbei. Ich konnte es nicht glauben,doch der Stempel auf meinem Pass zeigte mir: „Yeah Tina, du hast es wirklich geschafft!“


Martins Tourbericht vor dem ersten GB600

Um 4:30 Uhr klingelt der Wecker. Es folgt ein Kampf mit meinen schweren Augenlidern. Dennoch zieht es mich direkt in die Küche. Ich brauche Kaffee.

Für heute habe ich mir einiges vorgenommen. Genauer gesagt für die nächsten 3 Tage.


Zusammen mit Roland möchte ich die 660 Kilometer und über 5000 Höhenmeter des GB600 final Probefahren.

In einer Stunde geht es mit der Bahn vom Ostkreuz nach Friedrichshagen und von dort, nach einem Stopp beim Bäcker, zum Start nach Wernsdorf.


Seit einigen Jahren spukte die Idee eines Brevet von Berlin zur Schneekoppe und zurück in meinem Kopf herum. Als bezaubernd schön und nahezu mystisch habe ich das Riesengebirge im Herbst erlebt. Ein wahres Gravelparadies mit Bergen von weit über 1000 Metern Höhe, karg, oft noch lange schneebedeckt und vielen urgemütlichen Hütten, die zur warmen Einkehr einladen.

Heiß, nicht nur warm sollte es hingegen heute werden. Es ist Ende Juni und die Prognose lautet 30 Grad ohne Bewölkung und stetigem Südwind.

In einem Monat werden über 70 Teilnehmerinnen des GB600 in Wernsdorf an den Start gehen. Um 7 Uhr morgens, genau wie wir heute. Insgesamt möchten Roland und ich unsere Tour möglichst genau an die Bedingungen des ersten GB600 legen und spätestens Sonntagabend wieder in Wernsdorf beim Tagungshaus ankommen. Wenn auch ohne Party, die uns feiert. Aber noch sind wir keinen Meter gerollt und ich habe die Sorge, dass mich der große Kaffee nebst Cola, Baguette und zuckerglasiertem Schweineohr Matt setzt, bevor es losgegangen ist.

Aber in meiner Erinnerung war die Versorgungslage bis Cottbus, wo der erste Verpflegungspunkt geplant ist, recht dürftig, weshalb ich kurz vor dem Zuckerschock auf mein Rad stieg. So ging es durch den aufkommenden Berufsverkehr gen Erkner, welches deutlich näher an Wernsdorf liegt. Warum noch einmal diese extra Kilometer?

In Wernsdorf, gleich hinter der Schleuse, zeigte mein Garmin den offiziellen Track an, der neben dem Kanal entlang endlich über feinen Schotter in den Wald führte. 
Am Abend zuvor hat es ausgiebig geregnet, so dass Schlaglöcher zu tiefen Pfützen mutierten, die es wie im Slalom zu umfahren galt. Dies gelang nicht immer und bald schon trocknete der Schlamm an Beinen und Kleidung in der stärker werdenden Morgensonne.

Wie oft haben wir in der Vorbereitung über „gut fahrbar“ und den märkischen Sand diskutiert, wie oft das Rad beim Scouten über lange Passagen, sandkastengleich, fluchend geschoben.

Die ersten 40 Kilometer kommen wir überraschend flott über feinsten Schotter und Waldwege voran und am Bistro des Campingplatzes Alt Schadow freut Roland sich über seinen ersten Flutschfinger. Es ist 9 Uhr, einige Badegäste springen bereits in den See und ich versuche nicht an die über 600 Kilometer vor uns liegender Strecke zu denken, sondern brauche Zwischenziele: noch 60 Kilometer bis Cottbus, wenn alles gut geht, in etwas mehr als 3 Stunden, dort die nächste kurze Pause, knapp die Hälft des Tagessolls sind dort erreicht.

Es geht es weiter durch Kiefernwälder und freie Felder. Froh über jede Hecke, die Schatten spendet! Trotz des konstanten Gegenwindes ist es schon sehr schwül. Wir durchfahren zahlreiche der typischen Brandenburger Straßendörfer und sehen kaum einen Menschen. Verblasste Schilder am längst geschlossenen Konsum, verwaisten Gaststätten oder einstigen Tanzlokalen. Selbst Friedhöfe, sonst bei jedem Brevet im Sommer eine sichere Wasserquelle, sind rar.

Da wir gut im Tritt und unsere Wasserflaschen noch voll sind, lassen wir den Landbäcker in Preschen rechts liegen und erfreuen uns weiter der schönen Landschaft und der zahlreichen Hasen, Kraniche, Störche und Rehe.
Plötzlich verschlägt es mir die Sprache und ich bleibe augenblicklich stehen. Keine 50 Meter vor mir kreuzt ein Wolf den Waldweg. Erst jetzt bemerkt auch er mich und wir scheinen gleichermaßen erschrocken. Schon ist er wieder im Unterholz verschwunden und Roland sieht mich nur noch verdattert „da war ein Wolf!“ in Richtung seines Verschwindens zeigen.


Es ist nun nicht mehr weit bis Cottbus, 13 Uhr, die Hitze lässt uns schwitzen. Ein kurzer, aber heftiger Regenschauer ändert daran nichts. In Dissen lädt das Hofcafé zu einem ungeplanten Stopp. Vor der Eis- und Kuchentheke entfährt mir ein „einmal alles bitte!“ und tatsächlich probieren wir uns einmal durch die Speise- und Limokarte. 5 Sterne deluxe Hochgenuss, auch ohne fast 100 Kilometern in den Beinen.


Weiter geht es über den Deich entlang der Spree. Reinstes Fahrvergnügen, fast bis in die City. Am Einkaufscenter in Cottbus beschränken wir uns auf das Nötigste für die Weiterfahrt. Kein besonders einladender Ort, wir möchten schnell wieder raus in die Natur, Richtung Niederlausitz. Mit Unmengen an Riegeln, Gummibärchen & Bananen fühlen wir uns gut gewappnet für die nächsten 100 Kilometer bis Görlitz. Kurz vor Weißwasser klafft ein riesiges Loch weit in die Erde. Die Grube des Braunkohletagebaus Trebendorf vermittelt einen Eindruck, auf welchen Wegen Unmengen CO2 unser Weltklima erhitzen. Angesichts des morrdorr-ähnlichen Kraters kommt mir das Protestplakat gegen einen Solarpark, ein oder zwei Dörfer zuvor, grotesk vor.

Hinter Weißwasser kommt bald ein riesiger Truppenübungsplatz, der sich nur über eine schnurrgerade und beinahe endlos scheinende Landstraße durchqueren lässt. Immerhin ist der Radweg endlich fertig und wir kommen schneller voran, als mir dies bei vorangegangenen Scoutingfahrten erschien. In Rietschen ist der Spaß endlich vorbei und an der Tanke lassen sich die Wasservorräte wieder auffüllen. Noch etwa 40 Kilometer bis nach Görlitz. Auf der polnischen Seite, in Zgorzeglec, möchten wir Abendessen. Die Schatten der Bäume werden länger und der Wind, weiter treuer Begleiter von Süden, kühlt uns etwas ab. Allerdings wird es auch hügeliger, was uns spürbar langsamer werden lässt. Dann am Horizont endlich der Blick auf die ersten Gebirgszüge! Wir durchfahren einen Windpark in der herrlichen Abendsonne und sehen in der Ferne den Görlitzer Dom. Von nun an geht es nur noch bergab, verspreche ich Roland und es war nicht das letzte Mal, dass meine Erinnerung mir einen Streich spielte. Latent fluchend arbeiteten wir uns einen weiteren Anstieg empor, während die Mägen immer lauter knurrten.

Dann aber geht es im rasanten Tempo endlich runter in die architektonisch wunderschöne Stadt an der Neiße, in der die AfD bei der Europawahl über 40 Prozent der Stimmen erhielt – der Höchstwert, bundesweit! Mit der Hospi30 kooperieren wir mit einem antifaschistischen Hausprojekt in Görlitz, wo ein Verpflegungspunkt für den GB600 angeboten wird. Wie schön und wichtig, dass es hier solche Ort gibt!


Es ist 19 Uhr und es zieht uns durch malerische Gassen schnell auf die polnische Seite, wo wir uns die Zeit für ein Abendessen an der Neiße nehmen. Müde, aber gestärkt geht es bald weiter, bergauf, aus der Stadt heraus.

Vor uns liegen noch 40 Kilometer bis hinter Leśna, wo an einem Campingplatz der erste Community Checkpoint des GB600 liegt, an dem auch wir übernachten wollen. Der Weg dorthin führt über eine Landstraße, schön von Alleen gesäumt, aber leider auch noch von Autos frequentiert, die teils wenig Abstand halten. In der fortgeschrittenen Dämmerung und Müdigkeit ist das unnötiger Stress, der sich aber kaum vermeiden lässt. Endlich biegen wir wieder links ab, auf wunderbare Gravelpisten und Feldwege durch polnische Ortschaften, die teils noch gut belebt sind. Sogar ein Dino Supermarkt hat noch geöffnet. Immer wieder werden wir von kläffenden Hunden, meist kaum größer als ein Pudel, angekündigt. Nicht abschrecken lassen sich davon 2 kleine Waschbären, die keine Angst vor den beiden Radlern mit den hellen Scheinwerfern zeigen. Die brauchen wir spätestens für die flotte Abfahrt über groben Schotter runter nach Leśna. Auch hier haben noch zahlreiche Geschäfte geöffnet, aber wir haben fast 22 Uhr und wollen endlich ankommen. Aber vorher gilt es noch den ersten richtigen, also längeren Anstieg mit 6 Prozent im Mittel zu meistern, was seine Zeit braucht.
Links von uns liegt ein längerer Stausee und an ihm mehrere Campingplätze. Unserer ist der letzte in der Reihe und dort ist noch etwas Trubel am Lagerfeuer.
Wir haben Glück und dürfen im großen Saal des alten Gutshofs auf zwei alten Sofas schlafen. Vorher springen wir noch unter die Duschen. Schwacher Strahl, kaltes Wasser, keine Handtücher. Aber immerhin sauber! Trotzdem bekomme ich die ganze Nacht kein Auge zu. Ein Phänomen, mit dem ich auch schon bei Paris – Brest im letzten Jahr zu kämpfen hatte. Als auf ein Neues um 4:30 Uhr der Wecker klingelt, habe ich keine Minute geschlafen und bitte Roland um einen späteren Start. Aber auch die zusätzliche Stunde bringt mir nichts und so pelle ich mich schließlich schlaftrunken aus dem Schlafsack und stakse wie ein Zombi auf der Suche nach Kaffee in die Küche. Es gibt nur Instantkaffee, aber ich bin augenblicklich mit der Situation versöhnt.

Bald schon sitzen wir wieder auf dem Sattel und treten eine grobe Gravelpiste den nächsten Anstieg hoch. Und das ohne Frühstück. Aber sensationelle Ausblicke Richtung Riesengebirge wecken die Lebensgeister und spenden Energie in der schon warmen Morgensonne. Nach einigen Kilometern geht es eine lange Abfahrt durch verschiedene kleine Dörfer runter nach Mirsk, wo wir auf dem kleinen Marktplatz üppig frühstücken. Grundlagen schaffen, wie Kollege Calle immer sagt. Der Tag wird noch lang und die nächste Bergetappe steht kurz bevor. Über eine zu dieser Zeit kaum befahrene Landstraße schrauben wir uns schließlich Meter um Meter weiter nach oben, immer Richtung Skarska Poreba. Um kurz vor 9 Uhr erreichen wir endlich die Kehre mit dem phänomenalen Blick auf das Gebirgsmassiv und machen einen kurzen Stopp, um dann in hohem Tempo runter in die Stadt zu fahren. Erstaunlich, wie schnell man all die mühselig erarbeiteten Höhenmeter wieder verliert.

Nur um sie wenig später auf der anderen Seite des Tals wieder auf ein Neues emporzukraxeln. Roland behauptet, dass wir es genauso gewollt hätten und ich stimme ihm wenig später zu, als es über feinsten Gravel in den Wald geht und es bei kaum merklicher Steigung beinahe wie von selbst rollt. Immer wieder treffen wir Gruppen von Wanderinnen, die den sattgrünen wie dichten Baumbestand ebenfalls genießen. Wie schön kann Radfahren sein!

Schließlich kommen wir in Przesieka an. Der Spindlerpass liegt also vor uns. Es gilt von 500 Metern üNN auf 1200 hochzukommen. Die Straße wirkt wie an einem geraden Band einfach den Berg hochgezogen und entsprechend steil geht es zu. Vor 14 Tagen war ich schon einmal hier, leicht angeschlagen, immer wieder musste ich schieben. Heute fühle ich mich besser und ich habe mir vorgenommen, wenn möglich nicht abzusteigen und stattdessen kleine Pausen zum Verschnaufen einzulegen. Das Garmin zeigt in der Spitze 20 Prozent Steigung an, meist sind es um die 10 Prozent. Gefühlt kommt mit jeder Kurbelumdrehung ein Höhenmeter hinzu. Um so näher ich dem Kamm des Höhenzugs komme, desto karger wird der Baumbewuchs. Dazu pfeift der Wind deutlich frischer als im Tal. Für den Spindlerpass benötige ich knapp 1,5 Stunden und zu 11:30 Uhr gibt es in der Spindla Bouda das ersehnte Pilsner Urquell zu zünftig böhmischer Küche. Ein wunderbarer Fernblick eröffnet sich, unter uns liegt Spindler Mühle, wohin es uns über lang gewundene Serpentinen der Güteklasse A bald führt.


Entlang eines reißenden Gebirgsbaches mit vielen Wasserfällen geht es über Schotterpiste weiter runter bis wir schließlich bemerken, dass wir den Abzweig, erneut nach oben, verpasst haben und Kehrt machen müssen. Es folgt ein weiterer steiler Anstieg, diesmal nur schwer fahrbar, aber zum Glück nach einem Kilometer wieder vorbei. Nun folgt ein langer flowiger Abschnitt über Rad- und Schotterwege, es rollt ganz gut, aber langsam macht sich Müdigkeit bemerkbar. An einer der zahlreichen Gebirgshütten fallen mir nach einer Himbeerlimo kurz die Augen zu. Aber ist nicht mehr weit bis Harrachov. Dort habe ich in den letzten Monaten viel Zeit verbracht, ein perfekter Ausgangspunkt, um die Region zu erkunden. An der dortigen Tanke, direkt an einer schönen Schlucht gelegen, gibt es für mich die xte Cola und Rolands zigten Flutschfinger. Kurze Zeit später folgt der nächste 7 Kilometer lange Anstieg über feinsten Gravel, hoch ins Isergebirge. Das dortige Hochplateau ist ein absolutes Highlight. Bernsteinfarbene Bäche schlängeln sich durch eine ausgedehnte Wiesenlandschaft, umrahmt von hohen Tannen und Bergformationen. Dabei geht es weiter auf und ab und zum Abend nähern wir uns Liberec. Über der Stadt weit sichtbar thront der Jeschken, Ziel des ersten 600ers von ARA Berlin, den ich versuchte und mit einem Infekt hinter Bautzen abbrechen musste. Heute läuft es deutlich besser, aber viel weiter werden mich meine Beine heute auch nicht tragen. Schlaflosigkeit und Höhenmeter zehren an mir und bei einer Pizza und 2 Bier in der Abendsonne von Liberec sehne ich mich nur noch nach einem Bett und viel Schlaf. Da am 2. Checkpoint nahe Löbau niemand auf uns wartet und dieser noch 50 Kilometer entfernt ist, buchen wir uns in Zittau in einem kleinen Hotel ein. Wir kommen nach 22 Uhr an und es ist EM. Deutschland gewinnt gegen Dänemark. Draußen werden Böller gezündet die eher Explosionen gleichen. Dann ist Ruhe. Ich schlafe bis 6 Uhr, länger als bei jedem Brevet zuvor. Nachdem wir uns einmal durch das reichhaltige Buffet gefrühstückt haben, während es draußen gewittert, geht es wieder auf die Straße, weiter rauf und runter, aber den größten Teil der Höhenmeter haben wir hinter uns. Wir erreichen Bautzen, kurzer Tankenstopp und weiter geht es. Wir möchten nicht allzuspät wieder zu Hause ankommen und einigen uns auf kurze Stopps. Tanke, Cola, Flutschfinger. Ich entdecke Food-in-a-bottle für mich. Angeblich alles drin, was der Körper braucht und es fühlt sich auch so an. Es wird immer flacher und der Gravelanteil nimmt wieder spürbar zu. Aber wir halten unser Versprechen, es bleibt gut fahrbar. Den Teil der Strecke hinter Bautzen kennt final bislang nur Manuel, der einen Großteil der Scoutingarbeit übernommen hat. Bisher spricht es mich sehr an und auch die langen Waldabschnitte der Niederlausitz sind nicht langweilig. Nur die Versorgungslage ist deutlich schlechter als in Polen und Tschechien. Genau wie die Netzabdeckung, die oftmals nicht vorhanden ist. Wir sind kurz vor Senftenberg. Am Ufer eines riesigen Sees, der aus einem gefluteten Tagebau entstand, tummeln sich viele Badegäste von nah und fern. Der Wind hat deutlich zugenommen und drückt Wellen zu einer kleinen Brandung gegen die Böschung. Wir haben Glück und bekommen ihn meist von der Seite oder gar in den Rücken. Es geht weiter gut voran, aber wir haben auch noch 130 Kilometer vor uns, bei einem Schnitt von 19 km/h sollten wir dies bis kurz nach der Tagesschau schaffen.

Im Spreewald dreht plötzlich der Wind frontal gegen uns, die Bäume biegen sich und es regnet Bindfäden. An der alten Slawenburg Raddusch stellen wir uns unter und bald geht es weiter durch Lübbenau und Lübben. Hier endeten noch vor einigen Jahren meine ersten Rennradtouren am Bahnhof. Aber auch jetzt kommen mir die verbleibenden 70 Kilometer lang vor und ich fluche, als es über grobe Panzerplatten über einen Spreedeich geht. Auch die letzten Abschnitte gehen über Wald- und Plattenwege und ich möchte einfach nur noch ankommen. Da in Wernsdorf niemand auf uns wartet, entschließen wir uns über die Landstraße nach KW zu fahren. Diese kleine Abweichung wird direkt mit meinem ersten Platten bestraft. Warum jetzt? Es fängt an zu dämmern, aber der Schaden lässt sich zum Glück schnell beheben. Die letzten Kilometer bis zum Bahnhof treten wir dann nur noch stumpf in die Pedale. 
Schließlich kommen wir an. Es ist fast 22 Uhr. 670 Kilometer stehen auf dem Tacho. Mehr als geplant. Ich fühle mich erschöpft wie selten zuvor.

Aber hej, wir haben es geschafft, wir haben den GB600 gefinished!